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Wien, Gasometer, 01.02.2006 (Quelle: diepresse.com)
Gemütlich, bis der erste Becher flog
Britpop, die vorige Generation. Oasis übten sich im Wiener Gasometer in Lässigkeit.
Es brauchte nicht wenige Versuche. Aber beim programmatischen "Ciga rettes and Alcohol", war es so weit: Ein Wurfgeschoss in Gestalt eines Trinkbehältnisses nahm Kurs auf den nicht eben extrem sympathischen Leadsänger. Als der Becher glücklich gegen das Standmikro krachte, ging ein veritables Ganzkörper-Zucken durch Kotelettenträger Liam Gallagher. Die Menge jubelte. Das half der Band energiemäßig etwas auf die Sprünge. Das Dröhnen der Gitarren gewann an Schärfe, die pathetischen Beats wurden rasanter.
Bis dahin regierte Gemächlichkeit. Mit der Weisheit alter Wirtshausraufer, die sich auf die harte Art hohe Frustrationstoleranz erworben haben, daher nur ganz langsam in Saft geraten, agierte die Band in der Kampfzone Gasometer. Die einstige Speerspitze der Blue-Collar-Fraktion des Britpop hat den Reiz der Gemessenheit entdeckt. In Interviews versucht sich Noel gar in Selbstironie: Mental sei man ein wenig eingezäunt.
Die Parallelen zwischen Oasis-Konzert und Fußball waren augenfällig. Da wurde mit Union-Jacks gewedelt, martialisch mit der Faust getanzt sowie Mädels und Biere sonderzahl in die Höhe gestemmt. Alte Mods und junge Magistratsbeamte, untersetzte Mopedrocker und leptosome Offiziersstellvertreter - alle wollten dabei sein, wenn die Gebrüder Gallagher ihre Version von Zwistin' the night away geben. Allein, der Zoff blieb aus. Mit verspielten Rhythmen, zerfransenden Gitarren und einer sich angenehm in die Gehörgänge fräsenden Stimme proklamierte die Band ihre erste Losung: "Turn Up The Sun", doch schon hier drifteten Inhalt und Form auseinander. "I carry madness everywhere I go", hieß es da. Zu hören war davon lange nichts. Erst das kollektive Gröhlen zu Hadern wie "Morning Glory" und "Live Forever" pumpte etwas Blut in die Gallagherschen Kürbisköpfe.
Das Paul-versus-John-Syndrom der Beatles existiert ja auch bei Oasis. Die hemmungslos Ein-Euro-Pfandbecher Richtung Liam expedierenden Radaubrüder wurden bei den von Noel soulful intonierten Stücken "Masterplan" und "The Importance Of Being Idle", dem vielleicht besten Oasis-Stück, schnell handzahm. Rivale Liam genoss es danach, sein ein wenig patschert gebautes "Guess God Thinks I'm Abel" Richtung Noel abzuschießen. Ärger noch "The Meaning Of Soul", ein 08/15-Rumpler, der mit der wohl aus dem Reimlexikon stammenden Drohung "If it's allright, then I'll be your light" endet. Es ist halt ein bisserl wenig, wenn man mit schöner Stimme nichts sagt. Aus diesem Grund hat der beladene Bruder Noel sich für das letzte Album "Don't Believe The Truth" Komponierverstärkung gesucht. Etwa bei Andy Bell, der Liams charismatische Stimme mit dem majestätischen "A Bell Will Ring" verwöhnte.
Das grundsolide Rockkonzert endete mit einer Art Rückblick: mit "My Generation".
Wien, Gasometer, 01.02.2006 (Quelle: diepresse.com)