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Hamburg, Color Line Arena, 08.03.2003 (Quelle: mopo.de)
Zwei Brüder, zur Sonne!
MAIK KOLTERMANN
Ganz die Alten - trotz neuer Zähne Oasis: in Hamburg
Der Kollege nebenan ist erbost: "Typisch - das ging ja nur 90 Minuten", sagt er. "Nicht mal den Hit ,Wonderwall` ham se gespielt!" Und der Liam, der "kann ja auch ruhig mal lächeln". Am Sonnabend weilte das Brit-Pop-Urgestein Oasis in der Color Line Arena. Wem dazu nichts anderes einfällt als das, sitzt einem Missverständnis auf.
Denn der Tag, an dem der launisch-arrogante Liam Gallagher glücklich grinsend über die Bühne tobt, wäre der Anfang vom Ende seiner Karriere. Der Oasis-Sänger weiß das. Deswegen steht er heute so am Mikroständer, wie immer: Vornüber gebeugt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Das sieht blöd aus und ist natürlich völlig unbequem. Aber genau das ist der Punkt.
Ein Gallagher lässt sich eben nicht mal von seinen Bandscheiben vorschreiben, was er zu tun hat. Die knapp 7000 Zuschauer danken ihm die irrationale Sturheit. Auch die neuen Schneidezähne, die er nach der Schlägerei in einem Münchener Nobelhotel benötigte (MOPO berichtete), scheinen keine Probleme mehr zu machen.
Die erste halbe Stunde findet in gleißend weißer Bühnenbeleuchtung statt. Keine Ansagen, Song auf Song, der Innenraum ist eine wogende Masse. Das balladeske "Stop Crying Your Heart Out" bringt die Wende: Ein Gelbton mischt sich ins Licht. Gestandene Männer haben Tränen in den Augen. Bei "Rock'n'Roll Star" strahlt die Bühne bereits in Disco-Farben. Die Backing-Band spielt perfekt, der Gallagher-Bruder Noel konzentriert und stoisch.
Wenn Oasis funktionieren, vermengen sich die wabernden, effektgetränkten Gitarren, das Keyboard, die rollenden Grooves und das nonchalante Nölen zu einer breiten, gewaltigen Welle. Als "Morning Glory" und "Champagne Supernova" im klaren Sound und mit Macht durch die Halle branden, hat das epische Wucht und klingt - ja wirklich! - nach Freiheit.
Was diese Band so fabriziert, ist weiß Gott nicht immer Gold - ab diesem Punkt aber ist klar: Oasis waren heute gut. Und wer braucht da noch "Wonderwall"?
Hamburg, Color Line Arena, 08.03.2003 (Quelle: mopo.de)