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Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Quelle: taz.de)

Fools Gold

Wiedervereinigt und zu allem bereit: Oasis, die einst beste Band der Welt, gab für Arte ein exclusives Konzert in Berlin

Sie sind nicht unbedingt ein Traumpaar, der deutsch-französische Fernsehsender Arte und die britische Rockband Oasis. Arte bedeutet Hochkultur, Themenabende und niedrige Einschaltquoten; Oasis sind Pop, schlechtes Benehmen und Plattenverkäufe in zweistelliger Millionenhöhe.

Die Zeit aber machts möglich: Oasis müssen inzwischen schauen, wo sie bleiben, nach viel Bruderzwist und zwei mäßig erfolgreichen Alben, und Arte will junge Zuschauer an sich binden mit Musiksendungen und so genannten Clubabenden wie zum Beispiel dem neuen Format "Music Planet 2 Nite".

Für dieses schaffte es der Sender zusammen mit dem ZDF und der Produktionsfirma DoRo, Oasis für ein exklusives Fernsehkonzert in der Berliner Columbiahalle zu gewinnen, zu dem sich am Sonntagabend schätzungsweise 700 bis 800 Leute einfinden. Richtige Fans, die über Oasis-Fanclubs (ja, die gibt es!) ihre Karten bezogen hatten und mit Oasis-Sprechchören, "Masterplan"-Plakaten und England-Fahnen für die richtige Stimmung sorgen. Und natürlich Medienpartner und handverlesene Gäste wie beispielsweise einige halbwegs prominente Musiker: Nikki Sudden ist da, Thomas D., Wolfgang Niedecken guckt interessiert, und die Prinzen stehen in der ersten Reihe - auf Oasis können sich die unterschiedlichsten Menschen einigen. Auf ihre Songs, von denen manche schon Klassikerstatus haben und auf ihr prolliges Gehabe, das sie auch innerhalb der Band tüchtig ausleben.

Zuletzt bekamen die Gebrüder Gallagher sich im Sommer 2000 in Barcelona wortwörtlich in die Haare, woraufhin Noel ausstieg und Liam allein eine Oasis-Tour weiterbestritt. Ein vorläufiger Tiefpunkt, der gut korrespondierte mit der nachlassenden Spannkraft der letzten beiden Alben "Be Here Now" und "Standing On The Shoulder Of Giants". In der Columbiahalle sieht man sie nun freundlichst wiedervereint und voller Tatendrang: Liam ganz in Jeans und mit einem tollen Schal, Noel auch ganz in Jeans, aber ohne Brille, dazu drei reichlich albern aussehende Liam-Lookalikes an Bass, zweiter Gitarre und Schlagzeug, allesamt neue Mitspieler.

Vergleicht man frühere Auftritte der Band, ist es ein richtig gutes und dramaturgisch fein ausbalanciertes Konzert mit allen Höhen und Tiefen, die Oasis auszeichnen. Sie spielen die Songs, mit denen sie in die Popgeschichte eingegangen sind: "Morning Glory", "Champagne Supernova" oder "Supersonic"; Songs, die einem auch an diesem Abend so manchen Schauer über den Rücken gehen lassen. Dann wieder gibt es diese öden, langatmigen, ernsthaft stumpf vorgebrachten Rocker, von denen Oasis in ihrem Größenwahn glauben, sie wären geniales Zeugs.

Da wirken sie dann wie gealterte Pubrocker, an denen die Zeit vorbeigegangen ist, die es aber trotzdem nicht sein lassen können; da sind sie im Vergleich zu neuen jungen Rockern wie den Strokes oder dem Black Rebel Motorcycle Club ein Auslaufmodell, eine schwerfällige Dinosaurierband, die keinen Hund aus der Hütte zu locken vermag.

Schließlich streuen sie auch drei oder vier neue Songs in ihren Set ein, ohne dass diese größer auffallen würden: "Hindu Times" heißt einer, "Born On A Different Cloud" ein anderer, Songs des im Sommer erscheinenden neuen Albums. Als "The second best album", hat es Noel Gallagher dem NME in ungewohnter Bescheidenheit beschrieben, um dann Bruder Liam die big points zu überlassen: Punkrock, Stimmungsmusik, Handarbeit. Kein Scheiß wie Radiohead, sondern Sex Pistols und Beatles. Mindestens.

Das sagen Oasis zwar immer, doch sie scheinen, nimmt man den Auftritt von Sonntag zum Maßstab, noch einmal angreifen zu wollen. Wirken angepisst und arrogant wie gewohnt, strengen sich aber an, sind geradezu diszipliniert. "I Am The Walrus", ihr Beatles-Cover und letztes Stück des Konzerts, brechen sie wegen technischer Unzulänglichkeiten an der Gitarre ab, um es noch einmal von vorn zu beginnen. Was macht man nicht alles für einen Fernsehsender wie Arte! Was tut man als einstmals größte Band der Welt nicht alles dafür, wenigstens einmal auch die geschmackvollste Band der Welt zu sein! GERRIT BARTELS

taz Nr. 6674 vom 12.2.2002, Seite 15, 138 Zeilen (Kommentar), GERRIT BARTELS

Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Quelle: taz.de)


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