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Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Quelle: berlin-online.de)

Schatten ihrer selbst
Oasis spielten nur für ihre Fans ein Exklusiv-Konzert in der Columbiahalle

Harald Peters

Es war einmal eine Band aus Manchester, in deren Zentrum ein ungleiches Brüderpaar stand. Der eine hatte Präsenz, der andere kannte sich im Werk von Slade, den Kinks und den Beatles aus und komponierte mit dieser Kenntnis seine Songs. Zwar konnten sich die Brüder nicht leiden, doch sie wussten, dass sie einander brauchten.

Sie hatten nichts, aber sie wollten alles. Also zogen sie mit einer erheblichen Portion Wut und Arroganz über die Bühnen und sparten nicht mit Verachtung gegenüber der Welt, den Fans, den konkurrierenden Formationen und dem Mittelmaß überhaupt. Dass sie selbst nur mittelmäßig waren, spielte dabei keine Rolle. Es war der Größenwahn, der sie interessant machte. Er machte sie unberechenbar, und wie zum Dank fütterten sie ihn unablässig mit Alkohol und Kokain. So wuchsen sie samt ihres Größenwahns über sich selbst hinaus, bis sie eines Tages, für wenige Augenblicke lang, tatsächlich die größte Band der Welt waren.

Doch als sie ihr Ziel erreicht hatten, wurden sie urplötzlich alt. Die Brüder lernten sich zu respektieren, bald gründeten sie Familien und das Kokain setzten sie ab. Sie wurden zum Schatten ihrer selbst. Das Gespür für das, was sie einmal ausmachte, hatten sie unwiderbringlich verloren. Und so stand die einst wütende, unberechenbare, grundsätzlich volltrunkene Band am Sonntagabend auf der Bühne der Berliner Columbiahalle und wirkte schlapp, abwesend und müde. Es schien, als würden sie ihr Konzert nur widerwillig absolvieren. Aber es war nicht derselbe Widerwille, den sie in ihren Anfangstagen vor sich her trugen. Damals fühlten sie sich gelangweilt, doch dieses Mal schien es, als langweilten sie sich selbst.

Bemerkenswerter Strickschal

Sänger Liam Gallaghers legendäre Arroganz gerann zur leeren Pose; wie jemand, der eine alte Regieanweisung zu befolgen hatte, gab er sich Mühe, das Publikum konsequent zu ignorieren, mal desinteressiert über die Bühne zu schlurfen, mal minutenlang ins Nichts zu starren. Manchmal stand er neben den Boxen und trank eine Tasse Tee. Der Strickschal, den er um den Hals trug, war im Grunde das Bemerkenswerteste seiner ganzen Show. Dazu drangen die Songs undifferenziert aus den Boxen und erwiesen sich als die lauteste Musik, die man ohne Mühe ignorieren kann. Die Stimmung hielt sich dementsprechend in Grenzen.

Dabei spielten Oasis an diesem Abend, von ein paar Plattenfirmen- und dem Medienpersonal einmal abgesehen, ausschließlich vor den hartnäckigsten Vertretern ihrer Fans. Die Konzertkarten standen nicht zum Verkauf und wurden nur über Fanclubs und Oasis-Internetseiten vertrieben. Auch der Umstand, dass das Konzert im Rahmen der Arte Sendereihe "MusicPlanet 2Nite" aufgezeichnet wurde und deshalb stets Kameras über den Köpfen schwebten, konnte das Publikum nicht zu einer zusätzlichen Ausgelassenheit provozieren.

Penible Kenner des Oasis-Gesamtwerks könnten zwar darauf verweisen, dass man immerhin Zeuge wurde, wie die Band ihre Songs "Hung In A Bad Place" und "The Hindu Times" erstmals vor deutschem Publikum und die Songs "Better Man" und "Force Of Nature" überhaupt vor Publikum spielten. Doch was macht das schon, wenn sich die neuen Songs so problemlos in das Dargebotene einfügen, dass sie kaum als neue Songs erkennbar waren? Auf das im Sommer erscheinende Oasis-Album, das wahrscheinlich "Heathen Chemistry" heißen wird, wirft das jedenfalls ein deutliches Licht.

Und so ging das Konzert nach einer Stunde und einigen Minuten auch bald vorüber. Als erste Zugabe spielten sie ihren Song "Don’t Look Back In Anger", gerade so, als wollten sie sich mit dem Titel für das Konzert entschuldigen. Und was würde es auch bringen, im Zorn auf das Konzert zurückzublicken. Vielmehr sollte man nach vorne schauen, denn für einen Schichtwechsel wird es dringend Zeit.

Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Quelle: berlin-online.de)


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