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Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Quelle: sueddeutsche.de)

Britpop mit Beingfreiheit
Oasis gibt in Berlin ein Konzert, das kein Konzert war

Oasis spielen live und keiner geht hin. So könnte die Zukunftsprognose der gehässigen englischen Poppresse gegenüber einer Band lauten, die auf der Insel nicht mehr so richtig angesagt ist. In Berlin nun gaben Oasis tatsächlich ein Sonderkonzert, bei dem die Columbiahalle, die nicht gerade als überdimensioniert bezeichnet werden kann, nur halb gefüllt blieb. Was war passiert? Geht es endgültig zu Ende mit der ehemals „größten Band der Welt“?

Na ja, es steht um Oasis zwar wirklich nicht so besonders, in Großbritannien stehen sie zur Zeit auf Andrew W.K., einen headbangenden Amerikaner mit langen, fettigen Haaren, und seit den New Yorker Strokes redet niemand mehr von Britpop. Doch das gespenstische Berlin-Konzert von Oasis kann bei aller Schadenfreude nun wirklich nicht als Indikator für den Stand der Dinge im Popzirkus herhalten. Denn der von Oasis‘ Plattenfirma als „hochexklusiver Event“ angekündigte Auftritt war weniger ein Konzert als vielmehr eine Konzertaufzeichnung und funktionierte damit nach ganz eigenen Regeln. Der Sender Arte hat sich nämlich eine neue Sendereihe ausgedacht, „MusicPlanet 2Nite“, bei der es ganz in der Tradition längst eingestellter Fernsehformate wie dem „Rockpalast“ um „handgemachte Musik“ gehen soll – wie es in der Konzeptbeschreibung heißt. Und Oasis scheint bei diesem Anspruch eben der geeignete Kandidat für den Einstand am 23. April gewesen zu sein.

Dass das Oasis genauso sahen wie die Verantwortlichen bei ZDF und Arte, sagt dann wiederum doch einiges über den Zustand der Band aus. Für Oasis ist die Ausstrahlung ihres Berlin-Konzerts bei Arte vor allem willkommenes Promotions-Vehikel und wenn diese dann im September von ZDF wiederholt wird, sollte, wenn alles nach Plan läuft, ihr nächstes Album bereits in den Läden stehen. Oasis, deren offizielle letzte Tour ein ziemliches Desaster war, bei der von den zerstrittenen Gallagher-Brüdern zeitweilig Noel ganz ausstieg und Liam sich durch betonte Lustlosigkeit hervortat, scheinen kapiert zu haben, dass sich Erfolg nicht ohne Zutun konservieren lässt. Selbst ein Konzert, das keines ist, scheint da für das angestrebte Comeback recht zu sein.

Keine Ahnung, was genau demnächst im Fernsehen zu sehen sein wird, ein wirklich „authentisches“ Oasis-Konzert wird sich aus den gemachten Aufnahmen jedenfalls nicht zusammen schnipseln lassen. Um am Ereignis teil nehmen zu können, musste man sich nicht etwa im Vorverkauf anstellen, sondern Glück bei Verlosungen in irgendwelchen Radiosendungen gehabt haben oder gleich Mitglied des offiziellen deutschen Oasis-Fanclubs sein. Als Glücklicher unter 700 anderen Glücklichen stand man dann da – neben dem mitwippenden Wolfgang Niedecken, den grübelnden Prinzen und dem Gros der Viva- Moderatoren – und hörte immerhin fünf neue Songs. Gerade mal zehn Meter von der Bühne entfernt hatte man immer noch genug Beinfreiheit und konnte eine Band erleben, die normalerweise immer noch Fußballstadien füllt und dort via Großbildleinwände die Fans in den hintersten Reihen unterhält. Das war doch alles ziemlich eigentümlich. Dazu dauernd diese Kamera auf dem Schwenkkran und als Oasis sich am Ende bei der letzten Zugabe „I am the walrus“ von den Beatles verspielten, wurde nicht einfach weitergemacht, wie das jede vernünftige Rockband tun würde, sondern es wurde brav abgebrochen und der Song neu begonnen. So war es wahrscheinlich abgesprochen.

Man kann nun nicht behaupten, dass die Konzertaufnahmen-Veranstaltung keinen Spaß gemacht hätte. Die Band legte sich ins Zeug, der Sound war fett, bei „Don‘t look back in anger“ durfte das Publikum den Refrain mit singen und Liam zog sein ganzes Posenprogramm durch. Doch letztlich bekam man das Gefühl nie los, es stets mit der Simulation eines Rockkonzerts zu tun zu haben – mit einer Veranstaltung ohne offenen Ausgang, wo das Unerwartete schlichtweg nicht erwartet werden durfte.

Andreas Hartmann

Berlin, Columbiahalle, 10.02.2002 (Quelle: sueddeutsche.de)


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